MÄRCHENERZÄHLERIN „OMI MÜMCHEN“
Das urige Fachwerkhaus in der Rathausstraße 8 in Bad Homburg war für Michaela Scherenberg (links) schon immer etwas Besonderes. Fast täglich ging sie daran vorbei, da ihre Wohnung nur wenige Schritte entfernt war. Auch für ihre Arbeit beim Hessischen Rundfunk filmte sie einige Szenen dort. 2017 und 2018 wurde das unter Denkmalschutz stehende Kulturdenkmal von der Hochtaunusbau innen und außen umfassend saniert. Erneuert wurden neben der Fassade vor allem Dach und Fenster. Eine Reihe maroder Balken mussten ebenfalls ausgetauscht werden und die ursprüngliche Farbgebung wurde wiederhergestellt. Der Kurverein der Stadt Bad Homburg zeichnete diese Sanierung 2019 als eine von drei vorbildlichen Fassadensanierungen in Bad Homburg aus.
Als Michaela Scherenberg hörte, dass das Geschäft in dem Fachwerkhaus schließen und das Gebäude leer stehen wird, fasste sie einen Entschluss: Zusammen mit ihrer Freundin Isolde Iseler gründete sie das Geschäft „Omi Mümchen“. Die beiden ergänzen sich in ihrer Art und schaffen so eine willkommene Atmosphäre für die Kunden. Dabei bringt Isolde Iseler viel Erfahrung aus der Gastronomie mit, da sie 30 Jahre lang ein Restaurant führte. Der Laden ist nach Michaela Scherenbergs Großmutter benannt, die immer nach dem Motto „nie aufgeben“ gelebt und sich mit jeder auch noch so misslichen Situation arrangiert hatte. Die gleiche Lebensfreude zeigen auch die beiden Gründerinnen des kleinen Geschäfts in der Altstadt von Bad Homburg. Zu Beginn der Corona-Pandemie beschlossen sie, Toilettenpapier zu bestellen und gegen eine kleine Spende abzugeben. Zu jeder Rolle gab es zusätzlich ein kurzes Märchen. Das Konzept entwickelte sich weiter und bald wurden auch selbstgenähte Atemmasken, Handytaschen sowie gekochte Eier mit irischen Segenssprüchen angeboten.
Michaela Scherenberg und Isolde Iseler führen Omi Mümchen als gemeinnütziges Geschäft und sind nicht darauf angewiesen, Umsatz zu machen. Stattdessen finanzieren sie den Laden hauptsächlich mit ihren eigenen Renten. Beide sind sehr glücklich, Mitglied der Hochtaunusbau zu sein, denn der genossenschaftliche Gedanke wird auch im Omi Mümchen gelebt. Viele der angebotenen Waren kommen von Freunden und Bekannten aus der Nachbarschaft und der Region. So entsteht ein Sammelsurium aus den unterschiedlichsten Gütern wie Schmuck und Gugelhupf-Formen aus Keramik, Römer-Gläser, Butterdosen und Sammeltassen, dessen Erlös in Form eines Gutscheins für Torte und Kaffe an Altenheime gespendet wird.
Omi Mümchen ist kein reines Einzelhandelsgeschäft. Regelmäßig finden Veranstaltungen in dem Fachwerkhaus statt, das früher mal ein Hutsalon war. Michaela Scherenberg, Isolde Iseler sowie Freunde des Hauses erzählen unter anderem Geschichten und es gibt auch Beratungen und Kurse. So zeigt zum Beispiel Heilpraktikerin Monika Schramm, wie man aufrecht und mit gerader Wirbelsäule gehen sollte und im Klangraum kann man die meditative Wirkung von Kristallinstrumenten und Klangschalen erleben. Einen besonderen Stellenwert haben jedoch die Märchenabende. In Kooperation mit der Mutabor Märchenstiftung in Schweiz ist bei Omi Mümchen eine Märchenbibliothek mit über 750 Bänden entstanden. Die Bücher können auch mitgenommen werden, indem man einen wandernden Buchumschlag ersteht. Solange der Laden existiert, lassen sich die Bände sogar umtauschen. Auch Kinder sind bei Omi Mümchen selbstverständlich herzlich willkommen. So ist die Märchenerzähl AG der Landgraf-Ludwig-Schule jeden Montagnachmittag zu Gast und lernt dort freies Erzählen. Die Geschichten vermitteln Weisheiten und erzählen von Freundschaften und Abenteuern, in denen die Helden nie aufgeben – genauso wie Omi Mümchen zu ihrer Zeit. Dieses Gefühl möchten Michaela Scherenberg und Isolde Iseler mit ihrem kleinen, liebevollen Geschäft vermitteln.